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Familienrecht

Unterhaltsanspruch der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes gemäß § 1650l BGB

In einer Entscheidung vom 10.06.2015 (XII ZB 251/14) hat der Bundesgerichtshof schulmäßig diesen Unterhaltstatbestand abgearbeitet. Markant an dem zu Grunde liegenden Fall ist, dass das Kind infolge des Leidens am Down-Syndrom ständiger Betreuung bedarf, auch über das dritte Lebensjahr hinaus.

Nach § 1650l Abs. 2 Satz 2 BGB steht der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes über die Dauer des Mutterschutzes hinaus ein Unterhaltsanspruch gegen den Vater zu, wenn von ihr wegen der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Die Unterhaltspflicht des betreuenden Elternteils besteht mindestens drei Jahre nach der Geburt des Kindes und sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Hierbei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kindesbetreuung zu berücksichtigen. Hier hat der Gesetzgeber den Unterhaltsanspruch der Mutter eines nichtehelichen Kindes sehr dem der geschiedenen Mutter angeglichen.

Wie im Fall der Scheidung kann sich der betreuende Elternteil nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes berufen, wenn und soweit das Kind eine kindgerechte Betreuungseinrichtungen besucht oder unter den konkreten Umständen besuchen könnte. Das verlangt allerdings keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit. Vielmehr können insbesondere kindbezogene Gründe dazu führen, dass ein gestufter Übergang zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit ermöglicht wird.

Zwar sind kindbezogene Gründe vorrangig zu berücksichtigen, aber auch bei § 1650l Abs. 2 BGB können im Einzelfall ebenfalls elternbezogene Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts in Betracht kommen. Typisches Beispiel ist, dass die Eltern mit ihrem gemeinsamen Kind zusammengelebt haben und daneben ein besonderer Vertrauenstatbestand als Nachwirkung dieses Familienlebens entstanden ist. Das ist allerdings immer ein Ausnahmefall, denn ein Zusammenleben ohne Ehe erzeugt kaum den gleichen Vertrauensschutz wie eines mit Ehe.

Kindbezogene Gründe für eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs liegen typischerweise dann vor, wenn das Kind behindert, dauerhaft krank oder schwer in seiner Entwicklung gestört ist und deshalb weiter auf die Betreuung durch die Mutter angewiesen ist. Auch hier ist stets das Bestehen alternativer Betreuungsmöglichkeiten am konkreten Fall zu prüfen.

Wenn die Mutter wegen des Kindes ihre Berufsausbildung unterbrochen hat und sie später wieder aufnimmt sich, so ist das kein kindbezogener und kein elternbezogener Grund für die Verlängerung des Unterhaltsanspruchs über das dritte Lebensjahr hinaus. Dieser Aufwand dient vielmehr den eigenen Interessen der Mutter. Sie muss sich insoweit wegen Unterhalts an ihre eigenen Eltern wenden oder staatliche Förderung beantragen.

Aber auch in diesem Fall ist zu berücksichtigen, dass sich dann, wenn man sich vorstellt, dass die Mutter statt ihre Ausbildung fortzusetzen arbeiten würde, ein Unterhaltsbedarf ergeben kann, weil das Kind auch in Zeiten, da es sich nicht in einer Betreuungseinrichtungen befindet, mütterlicher Erziehung-und Betreuungsleistungen bedarf. Bei einem behinderten Kind liegt das nahe. Dieser Aufwand kann einer (gedachten) Erwerbstätigkeit ebenfalls entgegenstehen und zu einem Unterhaltsanspruch gegen den Vater führen.

Rechtsanwalt

Dr. Wolfgang Klünder