Kategorien
Familienrecht

Betreuer gegen Vorsorgebevollmächtigten

Vorsorgebevollmächtigte sind nicht selten Misstrauen ausgesetzt, sei es des (dementen?) Vollmachtgebers, sei es dessen wirtschaftlich interessierten Umfeldes. Ob berechtigt oder nicht, es wird dann der Versuch unternommen, mit Hilfe des Betreuungsgerichts einen Betreuer zu installieren und diesen die Vorsorgevollmacht widerrufen zu lassen.

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 28.07.2015 (XII ZB 674/14) seine Rechtsprechung hierzu wie folgt klargestellt:

Ein zusätzlich zum Vorsorgebevollmächtigten bestellter Betreuer kann eine Vorsorgevollmacht nur widerrufen, wenn ihm diese Befugnis als eigenständiger Aufgabenkreis vom Betreuungsgericht ausdrücklich zugewiesen worden ist.

Weil ein solcher Widerruf ein sehr weit gehender Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht des Betreuten/Vollmachtgebers ist, darf der Widerruf der Vorsorgevollmacht dem Betreuer nur übertragen werden, wenn das Festhalten an der erteilten Vorsorgevollmacht eine künftige Verletzung des Wohls des Betreuten/Vollmachtgebers mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und in erheblicher Schwere befürchten lässt und mildere Maßnahmen nicht zur Abwehr eines Schadens für den Betreuten/Vollmachtgeber geeignet erscheinen.

Gibt es behebbare Mängel bei der Vollmachtsausübung, so ist zunächst ein Kontrollbetreuer zu bestellen und dieser kann und soll dann vom Vorsorgebevollmächtigten Auskunft und Rechenschaftslegung fordern und ihm erforderliche Weisungen für dessen Arbeit erteilen.

Ist es zu einem wirksamen Widerruf der Vorsorgevollmacht durch den Betreuer gekommen (beispielsweise, wenn das Betreuungsgericht unnötigerweise den Betreuer zum Vollmachtswiderruf ermächtigt hat), so kann der Vorsorgebevollmächtigte noch immer für den Betreuten/Vollmachtgeber Beschwerde gegen die Betreuerbestellung einlegen. Weiteres Ziel dieses Vorgehens wird dann häufig sein, dass der ehemalige Vorsorgebevollmächtigte selbst oder eine dritte Person, die das Vertrauen des Betreuten/Vollmachtgebers genießt, anstelle des ersten Betreuers nun zum Betreuer ernannt wird.

Rechtsanwalt

Dr. Wolfgang Klünder