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AGB-Recht

Freizeichnung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Allgemeine Geschäftsbedingungen

Unter AGB versteht man Vertragsbedingungen, die den Vertragsinhalt mitgestalten sollen. Auf die Art und Rechtsnatur des Vertrages, der durch AGB zumindest mitgestaltet werden soll, kommt es nicht an. Die per AGB eingeführten Vertragsbedingungen können Regelungen jeglicher Art sein, so dass zum Beispiel Fragen des Eigentumsüberganges, Gewährleistungsfragen, Zahlungsbedingungen, deliktische Ansprüche, prozessuelle Fragen oder auch Klauseln über die Art und Weise des Vertragsschlusses in ihnen festgehalten werden können, aber auch solche über die Freizeichnung des Verwenders von der der Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz.

Diese Vertragsbedingungen müssen “vorformuliert” sein. Das ist der Fall, wenn die Bedingungen für eine mehrfache Verwendung schriftlich aufgezeichnet oder in sonstiger Weise fixiert sind. Genügen dürfte auch, dass die Vertragsbedingungen im Kopf des Verwenders “gespeichert” werden. Die mit Wiederholungsabsicht ohne vorherige schriftliche Fixierung hand- oder maschinenschriftlich in den Vertrag eingeführten Regelungen sind auch dann AGB, wenn die Einführung dieser Bedingungen in einzelnen Fällen unterbleibt oder im Einzelfall Klauseln unter Aufrechterhaltung sachlicher Identität unterschiedlich gefasst wird.

Der Verwender dieser vorformulierten AGB muss die Absicht haben, diese Bedingungen für eine Vielzahl von Verträgen zu verwenden. Nicht erforderlich ist tatsächlich eine “unbestimmte” Vielzahl von Verträgen. Als untere Grenze dürfte die beabsichtigte dreifache Verwendung genügen, wobei diese dreimalige Verwendung auch gegenüber dem gleichen Vertragspartner erfolgen kann.

Schließlich müssen diese Vertragsbedingungen “gestellt” werden. Dieses Merkmal ist erfüllt, wenn eine Partei die Einbeziehung der vorformulierten Bedingungen in den Vertrag verlangt bzw. voraussetzt, also eben kein konkretes Einbeziehungsangebot macht. Es muss weder ein wirtschaftliches noch ein intellektuelles Übergewicht bestehen, Verwender kann auch der (vermeintlich) wirtschaftlich Schwächere sein. Das “Stellen” entfällt auch nicht schon dann, wenn der Kunde zwischen verschiedenen Regelungs-alternativen wählen kann oder der Formulartext die Aufforderung zu Änderungen oder Streichungen enthält. Es genügt, wenn eine Vertragspartei die Bedingungen in der Form gestellt hat, dass die Klauseln nicht zur Disposition der Vertragsparteien gestellt werden. In diesen Fällen dürfte es also schon an der Verhandlungsbereitschaft des Verwenders fehlen, was Grundlage eines Aus- oder Verhandelns der Klauseln wäre.

Diese kurze Erläuterung, wann AGB vorliegen, orientiert sich vornehmlich an der Rechtsprechung des BGH. Ob und wann tatsächlich von der Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in ein Vertragsverhältnis gesprochen werden kann, ist aber immer eine Frage des konkreten Einzelfalles.

Umfassende Freizeichnung in AGB

Eine umfassende Freizeichnung in AGB liegt dann vor, wenn der Verwender die Haftung auch für Körper- und Gesundheitsschäden und für sonstige Schäden auch bei grobem Verschulden ausschließen will. Kurzgesagt soll durch eine solche Klausel jede Form der Gewährleistung und des Schadensersatzes durch den Verwender der AGB ausge-schlossen werden.

Die §§ 309 Nr. 7a und b BGB stellen für derartige Klauseln bei der Verwendung gegenüber Verbrauchern klar, dass solch umfassende Freizeichnungsklauseln unwirksam sind.

Dieses Klauselverbot gemäß den §§ 309 Nr. 7a und b BGB ist auf den unternehmerischen Geschäftsverkehr nicht uneingeschränkt und unmittelbar anwendbar. Gemäß § 310 Abs. 1 BGB finden die Regelungen des § 309 BGB auf AGB, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden, keine Anwendung. Allerdings unterliegen auch derartige AGB der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB. Diese Inhaltskontrolle kann bis zur Unwirksamkeit von allgemeinen Vertragsbedingungen im unternehmerischen Geschäfts-verkehr führen.

Dabei ist allerdings auf die im unternehmerischen Geschäftsverkehr geltenden Gewohnheiten und Bräuche angemessen Rücksicht zu nehmen. Grundsätzlich sollen die Regelungen des § 309 BGB im unternehmerischen Geschäftsverkehr wertend zur Anwendung kommen, sodass die Regelungen des § 309 BGB mit den dort genannten Verboten Indizwirkung für den unternehmerischen Geschäftsverkehr und dort verwendete AGB entfalten können. Der 8. Zivilsenat des BGH hat dazu wie folgt festgehalten: “Fällt eine Klausel bei ihrer Verwendung gegenüber Verbrauchern unter eine Verbotsnorm des § 309 BGB, so ist dies ein Indiz dafür, dass sie auch im Falle der Verwendung gegenüber Unternehmern zu einer unangemessenen Benachteiligung führt, es sei denn, sie kann wegen der besonderen Interessen und Bedürfnisse des unternehmerischen Geschäftsverkehrs ausnahmsweise als angemessen angesehen werden”.

Nach dieser Maßgabe dürfte eine umfassende Freizeichnung in AGB, nach der die Haftung des Klauselverwenders auch für Körper- und Gesundheitsschäden und für sonstige Schäden selbst bei grobem Verschulden ausgeschlossen ist, auch im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners darstellen. Dies wiederum führt dann zur Unwirksamkeit der gesamten Klausel nach dem § 307 Abs. 1, 2 BGB. Die Rechtfertigung für diese Sichtweise besteht darin, dass hinsichtlich des mit §§ 309 Nr. 7a, Nr. 7b BGB bezweckten Schutzes besonders wichtiger persönlicher Rechtsgüter kein Raum für eine Differenzierung zwischen Unternehmern und Verbrauchern sei. Auch dürfte sich zumindest in den allermeisten Fällen aus den im unternehmerischen Geschäftsverkehr geltenden und üblichen Gewohnheiten und Bräuchen nichts anderes ergeben.

Ebenso ist eine Freizeichnung im unternehmerischen Geschäftsverkehr jedenfalls dann unwirksam, wenn hinsichtlich sonstiger Schäden die Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit vollständig ausgeschlossen werden soll. Ein derart weit reichender Haftungsausschluss benachteiligt den Vertragspartner des Verwenders auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr unangemessen, weil der Vertragszweck an sich dadurch gefährdet werden kann. Der BGH vertritt hierzu die Auffassung, dass eine Haftungsbeschränkung nicht dazu führen darf, dass der Klauselverwender von Verpflichtungen befreit wird, deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrages überhaupt erst ermöglicht und auf deren Einhaltung der Vertragspartner regelmäßig vertraut und auch vertrauen darf (BGH vom 20.07.2005 – VIII ZR 12/04).

Sowohl Unternehmer als auch Verbraucher dürfen darauf vertrauen, dass ihre Vertragspartner sie nicht grob fahrlässig oder gar vorsätzlich schädigen. Daher fehlt eine sachliche Rechtfertigung dafür, die Frage des Verschuldensgrades davon abhängig zu machen, ob der betroffene Vertragspartner Verbraucher oder Unternehmer ist.

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 19.09.2007 – Az: VIII ZR 141/06 – nochmals explizit festgehalten, dass eine umfassende Freizeichnung von der Haftung für grobes Verschulden auch im Geschäftsverkehr unwirksam ist. Die Unwirksamkeit dieser Klausel führt dazu, dass die gesetzlichen Regelungen – im unternehmerischen Geschäftsverkehr unter Berücksichtigung der üblichen Handelsbräuche und Gewohnheiten – Anwendung finden.

Ob und inwieweit im unternehmerischen Geschäftsverkehr eine Haftungsbeschränkung zulässig ist, hatte der BGH an dieser Stelle nicht zu entscheiden. Die Frage der Haftungsbeschränkung wird ebenfalls unter Berücksichtigung der Handelsbräuche und Gewohnheiten zu beantworten sein. Da diese Frage den Rahmen hier sprengen würde, bleibt die Behandlung dieser Frage einem gesonderten Beitrag vorbehalten.

Fazit

AGB begegnen dem Verwender, der meist auch Vertragspartner eines Verwenders ist, im unternehmerischen Geschäftsverkehr ständig. Als AGB können auch Geheimhaltungsvereinbarungen, Reparaturbedingungen, Zahlungsbedingungen etc. zu werten sein. Entscheidend ist, dass der Verwender diese Bedingungen für eine nicht bestimmte Anzahl von Fällen in das Vertragsverhältnis mit dem Vertragspartner einführen möchte, ohne sie zur Disposition des Vertragspartners zu stellen. Da jedes Unternehmen die im unternehmerischen Geschäftsverkehr erforderliche Sorgfalt walten lassen muss, stellt sich für jeden Verwender von AGB als auch für den Vertragspartner bei Prüfung der AGB immer die Frage, ob diese Klauseln wirksam sind. Schlagwortartig kann davon ausgegangen werden, dass alle Klauseln, die den Vertragspartner unangemessen benachteiligen können, unwirksam sein dürften. Unabhängig von vielen üblicheren Klauseln, an deren Wirksamkeit nach der derzeitigen Rechtsprechung keine Zweifel bestehen, muss sich ein Verwender bei der Abfassung seiner AGB ständig mit der Frage befassen, ob diese Klauseln auch tatsächlich und auf Dauer wirksam sein werden. Im Falle der Unwirksamkeit kann den Verwender eine sehr umfassende Haftung nach den Regelungen des BGB treffen. Daher ist zu empfehlen, im Rahmen des Vertragsmanagements auch immer wieder die Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf den Prüfstand zu stellen.

Dieser Beitrag wurde sorgfältig erstellt, dennoch kann eine Haftung für Fehler oder Auslassungen nicht übernommen werden. Es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit. Der Inhalt dieses Beitrages stellt keinesfalls anwaltlichen Rechtsrat dar und ersetzt auf keinen Fall eine auf den Einzelfall bezogene anwaltliche Beratung.

Rechtsanwalt Volker Nann