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Arbeitsrecht

Das Arbeitszeugnis

Jeder Arbeitnehmer, ob er in Vollzeit, in Teilzeit, als Praktikant, ob er haupt- oder nebenberuflich (zum Beispiel als Aushilfe) tätig ist, hat Anspruch auf ein Zeugnis. Dies schreiben § 109 Gewerbeordnung und § 16 Berufsbildungsgesetz vor.

Ein einfaches Zeugnis bescheinigt die Dauer des Arbeitsverhältnisses und enthält eine kurze Tätigkeitsbeschreibung.

Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis beurteilt die Leistung und Führung des Arbeitnehmers. Zumindest bei leitenden Angestellten oder Arbeitnehmern in gehobenen, verantwortungsvollen Positionen ist das qualifizierte Zeugnis die Regel.

Beachten müssen alle Arbeitnehmer, dass Sie ein Zeugnis nicht automatisch erhalten, sondern es anfordern müssen.

Das Arbeitszeugnis dokumentiert den beruflichen Werdegang und die fachliche Entwicklung. Doch wann ist ein Zeugnis ein „gutes Zeugnis“?

Häufigster Streitpunkt ist die Beurteilung der Leistung; die dabei verwendeten Formulierungen müssen nach der Rechtsprechung „wohlwollend” ausfallen. Selbst eine kritische Beurteilung der Arbeitsleistung muss der Vorgesetzte positiv formulieren, weswegen sich im Verlauf der Zeit bestimmte Formulierungen entwickelt haben, die für die Bewertung des Zeugnisses entscheidend sind. Unterstellt, dass die Zeugnissprache immer positiv ist, kommt es auf den Zusammenhang an, in den sie gesetzt werden. Aufwertende Adverbien wie „stets“, „sehr“, „in hohem Maß“ und Adjektive wie „groß“, „hoch“, „äußerst“ verbessern die Bewertung grundsätzlich. Beispielsweise macht das Wort „stets“ deutlich, dass der Mitarbeiter konstant die Leistung erbracht hat. Fehlt „stets“, bedeutet dies eine Abwertung. Auch ein Weglassen berufstypischer Bewertungen kann eine Abwertung darstellen – so sollte etwa bei Kassiertätigkeiten die Ehrlichkeit erwähnt werden.

Der Endnotenote schenken Personalverantwortliche üblicherweise besondere Bedeutung, da die Schlussnote die Gesamtbewertung ist. Auch hier haben sich einige Standardformulierungen herausgebildet, die in Noten übersetzt werden können. „Zur Zufriedenheit“ bedeutet eine 4, „stets zur Zufriedenheit“ oder „zur vollen Zufriedenheit“ eine 3, „zur vollsten Zufriedenheit“ oder „stets zur vollen Zufriedenheit“ ist als Note 2 zu werten und „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ bedeutet die Note 1.

Gute Zeugnisse enthalten auch eine Schlussformel wie zum Beispiel: „Wir bedauern das Ausscheiden unseres Mitarbeiters, bedanken uns bei ihm für seine stets wertvolle Arbeit und wünschen ihm für die Zukunft viel Erfolg“. Auch hier sind Negativhinweise möglich: Wird einem Mitarbeiter in der Schlussformel zum Beispiel für seine Zukunft insbesondere Gesundheit gewünscht, so weist dies – unzulässigerweise – auf erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten hin.

Hin und Wieder finden sich auch graphische Darstellungen im Zeugnis, die negative Aussagekraft haben können: Wenn etwa die Unterschrift des Arbeitgebers einen Smiley mit heruntergezogenen Mundwinkeln enthält, gehen die Arbeitsgerichte grundsätzlich von einer negativen Aussage über den Arbeitnehmer aus.

Rechtsanwalt

Volker Nann