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Arbeitsrecht Sozialrecht

Arbeit trotz Erkrankung

Gesetzlich ist vorgeschrieben, dass Beschäftigte, wenn sie erkrankt sind, zum Nachweis ihrer Arbeitsunfähigkeit dem Arbeitgeber eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen haben. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung stellt allerdings kein ärztliches Arbeitsverbot dar. Vielmehr ist eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eine Prognose über den zu erwartenden (zeitlichen) Krankheitsverlauf. Deswegen können Beschäftigte grundsätzlich trotz einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung arbeiten, wenn sie sich gesundheitlich dazu in der Lage fühlen.

Auch aus Sicht der Unfallversicherung ergeben sich daraus keine Bedenken, da eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eben kein Beschäftigungsverbot darstellt. Anders sieht es aus, wenn gesetzliche Beschäftigungsverbote bestehen, wie dies z. B. bei Schwangeren der Fall ist.

Der Arbeitgeber muss im Falle einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit seine Fürsorgepflicht einhalten. Wenn er arbeitsunfähig erkrankte Beschäftigte dennoch arbeiten lässt, kann er sich schadensersatzpflichtig machen. Ein solcher Fall liegt beispielsweise vor, wenn der Beschäftigte objektiv nicht (mehr) in der Lage ist, die arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen, oder wenn die weitere Erbringung der Arbeitsleistung zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes führt.

Arbeitgebern ist daher anzuraten, sich vom tatsächlichen Gesundheitszustand des (noch krankgeschriebenen) Beschäftigten einen konkreten Eindruck zu verschaffen, ob dieser tatsächlich (wieder) arbeitsfähig ist. Hierzu gehört auch, zu fragen, ob der Beschäftigte tatsächlich trotz seines Gesundheitszustandes arbeiten kann und möchte.

Bei der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung handelt es sich um eine ärztliche Prognose über die Dauer der Erkrankung. Im Zweifel kann bzw. ist eine Folgebescheinigung einzuholen.Den Arbeitgeber kann darüber hinaus die Fürsorgepflicht treffen, den Betriebsarzt einzuschalten oder anderweitig den Gesundheitszustand des Beschäftigten überprüfen zu lassen, wenn besondere Umstände die Befürchtung nahelegen, dass der Beschäftigte noch nicht wieder arbeitsfähig ist.

Entgegen einer weitverbreiteten Meinung gibt es die förmliche „Gesundschreibung“ nicht. Für solche Fälle gibt es ärztliche Bestätigungen, die die Arbeitsfähigkeit des Beschäftigten attestieren.

Beschäftigte wiederum dürfen ihre Arbeitsunfähigkeit dem Arbeitgeber nicht verheimlichen, da der Arbeitgeber sonst seiner Fürsorgepflicht nicht nachkommen kann. Die Beschäftigten trifft aber auch eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Kolleginnen und Kollegen, dies schon zur Vermeidung von Ansteckungen.

Beschäftigte, die trotz ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung arbeiten, sind normal über die gesetzliche Unfallversicherung und auch die gesetzliche Krankenversicherung geschützt.

In jeden Fall ist zu empfehlen, dass sich Beschäftigte, wenn sie trotz ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung arbeiten wollen, sich mit ihrem Arbeitgeber zuvor abstimmen.

Rechtsanwalt Volker Nann
November 2022

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Arbeitsrecht

Nebentätigkeit

Immer wieder stellt sich die Frage, ob und in welchem Rahmen Beschäftigte einer Nebentätigkeit nachgehen dürfen oder ob der Arbeitgeber die Aufnahme einer Nebentätigkeit gar verbieten darf.

Grundsätzlich ist es allein Sache des Beschäftigten, was er in seiner Freizeit macht. Folglich ist auch die Aufnahme einer Nebentätigkeit grundsätzlich erlaubt, ob als Nebenjob beim gleichen Arbeitgeber oder auch bei einem anderen Arbeitgeber. Gleiches gilt für eine selbstständige Beschäftigung und für eine ehrenamtliche Tätigkeit. Das folgt in Deutschland aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit und dem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit.

Es gibt allerdings Grenzen für eine Nebentätigkeit.

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Gesellschaftsrecht

Sorgfalt des GmbH-Geschäftsführers

Eine Gesellschaft in der Form der GmbH erfüllt von Gesetzes wegen die Kaufmannseigenschaft. Die geschriebenen und ungeschriebenen Regelungen zum kaufmännischen Geschäftsverkehr und zum Handelsrecht greifen umfassend. Daran orientiert sich auch die erforderliche Sorgfalt eines GmbH-Geschäftsführers. Und wenn die Gesellschaft in eine finanzielle Krise oder finanzielle Schieflage gerät, verschärft sich dieser Maßstab kaufmännischer Sorgfalt weiter.

Bei einer GmbH, bei der Zahlungsunfähigkeit droht oder sie schon eingetreten ist oder bei der Überschuldung besteht, ist der Geschäftsführer verpflichtet, unverzüglich einen Insolvenzantrag zu stellen. Unterlässt er dies, entstehen für ihn selbst erhebliche Haftungsrisiken. Insbesondere haftet der Geschäftsführer für sämtliche Zahlungen, die nach Eintritt der Insolvenzreife (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) von ihm noch veranlasst worden sind oder die er nicht verhindert hat. Dem Geschäftsführer ist die Exkulpation von seiner Haftung nur in wenigen Ausnahmefällen möglich.

Er kann sich beispielsweise nicht darauf berufen, er habe auf Weisung der Gesellschafter gehandelt. Auch Unkenntnis der Sach- oder Rechtslage schützt den Geschäftsführer grundsätzlich nicht von seiner persönlichen Haftung. So hatte sich im Jahr 2021 das Oberlandesgericht Düsseldorf mit der Haftung eines GmbH-Geschäftsführers zu befassen.

In jenem Fall hat ein neu bestellter Geschäftsführer vom bisherigen Geschäftsführer des Unternehmens, der auch noch Alleingesellschafter dieser GmbH war, über mehrere Monate hinweg keinen Einblick in die Buchhaltungsunterlagen erhalten. Der Geschäftsführer vertraute vielmehr auf die Angaben des Gesellschafters, dass die wirtschaftliche Situation des Unternehmens in Ordnung sei. Nach geraumer Zeit kündigte der Geschäftsführer seinen Geschäftsführervertrag und verließ die GmbH. Kurz darauf wurde über das Vermögen der GmbH ein Insolvenzverfahren eröffnet.

Der Insolvenzverwalter nahm den letzten Geschäftsführer in die Haftung. Zur Begründung führte der Insolvenzverwalter aus, dass dieser Geschäftsführer Zahlungen aus dem Vermögen der GmbH geleistet habe, als diese schon insolvenzreif war. Der Geschäftsführer berief sich darauf, dass er keine konkrete Kenntnis über die finanzielle und wirtschaftliche Situation der GmbH gehabt habe. Ihm seien Unterlagen vorenthalten worden. Dies konnte vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf aber nicht verfangen.

Vielmehr stellte das Oberlandesgericht Düsseldorf klar, dass ein GmbH-Geschäftsführer von den wirtschaftlichen Unterlagen Kenntnis haben müsse, er müsse auch in die entsprechenden Unterlagen Einsicht nehmen. Allein die Tatsache, dass ihm die Einsichtnahme verweigert worden sei, entbinde ihn nicht von der Haftung. Vielmehr sei es Aufgabe eines Geschäftsführers für eine Organisation zu sorgen, welche ihm die Wahrnehmung seiner Geschäftsführerpflichten ermögliche. Und wenn sich dann nach einer überschaubaren Einarbeitungszeit herausstelle, dass dies nicht möglich sei, weil ihm wichtige Unterlagen vorenthalten würden, müsse er unverzüglich sein Amt niederlegen.

Im Übrigen richtet sich der Pflichtenkreis eines GmbH-Geschäftsführers nicht nach dessen persönlichen Fähigkeiten oder Umständen. Ein GmbH-Geschäftsführer muss seine Aufgaben wie ein „ordentlicher und gewissenhafter“ Kaufmann erledigen. Er muss in der Lage sein, sämtliche gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben einzuhalten. Hierzu gehören auch das rechtzeitige Erkennen einer Insolvenzreife und die rechtzeitige Stellung eines Insolvenzantrages. Das ist der Maßstab für die erforderliche Sorgfalt des GmbH-Geschäftsführers (OLG Düsseldorf, 09.12.2021 – 12 U 23/21).

Rechtsanwalt Volker Nann

September 2022

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Arbeitsrecht Datenschutzrecht

Im Internet surfen am Arbeitsplatz

In vielen Betrieben ist es üblich, dass Beschäftigte auch während der Arbeitszeit im Internet surfen, wenn dies arbeitsvertraglich nicht ausdrücklich untersagt ist.

Aber geht es den Arbeitgeber dann etwas an, welche Seiten der Beschäftigte aufgerufen hat? Dürfen Arbeitgeber den Browser-Verlauf kontrollieren?

Primär kommt es für die Beantwortung dieser Frage darauf an, was die Arbeitsvertragsparteien im Arbeitvertrag vereinbart haben. Zu prüfen ist beispielsweise,

  • ob der Arbeitgeber die Nutzung des Internets gestattet
  • ob der Arbeitgeber die Nutzung des Internets eingeschränkt gestattet
  • ob die private Nutzung des Internets generell verboten ist.

Arbeitgeber dürfen ihren Beschäftigten durchaus vorschreiben, dass der private Gebrauch von Arbeitsgeräten, zum Beispiel der Rechner, im Betrieb verboten ist.

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Erbrecht

Änderung eines handschriftlichen Testaments

In seinem Beschluss vom 22. Juli 2020 (I-2 Wx 131/20) beschäftigte sich das Oberlandesgericht Köln mit den Anforderungen an die formelle Wirksamkeit eines eigenhändigen Testaments. Kurz gefasst: wie kann man Änderungen ins Testament schreiben?

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Erbrecht

Bestimmtheits- und Formanforderungen an ein Testament

In seinem Beschluss vom 10. November 2021 – IV ZB 30/20 – befaßte sich der Bundesgerichtshof mit der Auslegung eines formwirksamen Testaments. Bei diesem ergaben sich die konkreten Erben erst aus einer nicht der Testamentsform entsprechenden Anlage, auf die das Testament Bezug genommen hatte.

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Arbeitsrecht

Raucherpause – Arbeitszeitbetrug?

Es ist ständige Rechtsprechung, dass regelmäßiger Arbeitszeitbetrug zumindest eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses auch ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen kann. Das Landesarbeitsgericht Thüringen hatte kürzlich einen Fall zu dieser Thematik, konkret zu Raucherpausen, zu entscheiden.

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Arbeitsrecht

Neues zum Nachweisgesetz

In der Praxis relativ unbekannt ist das Nachweisgesetz, durch welches Arbeitgeber verpflichtet werden, die wichtigsten Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen und diese Niederschrift den Beschäftigten auch auszuhändigen – keine Selbstverständlichkeit, da ein Arbeitsvertrag auch mündlich abgeschlossen werden kann. Die Pflicht muss bislang innerhalb eines Monats nach Beginn des Arbeitsverhältnisses erfüllt werden und betraf

• Name und Anschrift der Vertragsparteien,
• Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses,
• Dauer des Arbeitsverhältnisses bei Befristung,
• Arbeitsort,
• Bezeichnung oder Beschreibung der Tätigkeit,
• Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgeltes,
• Arbeitszeit,
• Dauer des jährlichen Erholungsurlaubes,
• Kündigungsfristen,
• allgemeine Hinweise auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sind.

Der Umfang dieser anzugebenden Vertragsbedingungen wurde jetzt erweitert.

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Pferderecht

Tiergefahr: Haftung des Pferdehalters gegenüber dem Reiter

Die Halterin einer dreijährigen Stute hatte eine andere Reiterin gebeten, ihr Pferd gelegentlich zu reiten. Die Pferdehalterin selbst war schwanger. Sie konnte oder wollte nicht selbst regelmäßig reiten. Das Landgericht Koblenz hatte zu entscheiden über eine Klage auf Erstattung von Behandlungskosten, nachdem diese Reiterin bei einem Ausritt vom Pferd der Pferdehalterin gestürzt war und sich schwer verletzt hatte.

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Arbeitsrecht

Urlaub: Gewährung, Ablehnung, Widerruf

Der Anspruch der Beschäftigten auf Urlaub zur Erholung ist gesetzlich im Bundesurlaubsgesetz fixiert. Arbeitgeber müssen Beschäftigten mindestens die dort festgelegten Urlaubszeiten gewähren, wobei die Beschäftigten ihre Urlaubswünsche äußern dürfen bzw. sollen.

Den konkreten Urlaubswunsch darf der Arbeitgeber dann ablehnen, wenn durch diesen Urlaub der Betriebsablauf erheblich beeinträchtigt wird. Dies kann z. B. bei personellen Engpässen der Fall sein, etwa auf Grund erkrankter Kolleginnen und Kollegen oder auf Grund der Fülle von bereits gewährten Wunschurlauben oder auch wegen gut gefüllter Auftragsbücher.