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Gesellschaftsrecht

Sorgfalt des GmbH-Geschäftsführers

Eine Gesellschaft in der Form der GmbH erfüllt von Gesetzes wegen die Kaufmannseigenschaft. Die geschriebenen und ungeschriebenen Regelungen zum kaufmännischen Geschäftsverkehr und zum Handelsrecht greifen umfassend. Daran orientiert sich auch die erforderliche Sorgfalt eines GmbH-Geschäftsführers. Und wenn die Gesellschaft in eine finanzielle Krise oder finanzielle Schieflage gerät, verschärft sich dieser Maßstab kaufmännischer Sorgfalt weiter.

Bei einer GmbH, bei der Zahlungsunfähigkeit droht oder sie schon eingetreten ist oder bei der Überschuldung besteht, ist der Geschäftsführer verpflichtet, unverzüglich einen Insolvenzantrag zu stellen. Unterlässt er dies, entstehen für ihn selbst erhebliche Haftungsrisiken. Insbesondere haftet der Geschäftsführer für sämtliche Zahlungen, die nach Eintritt der Insolvenzreife (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) von ihm noch veranlasst worden sind oder die er nicht verhindert hat. Dem Geschäftsführer ist die Exkulpation von seiner Haftung nur in wenigen Ausnahmefällen möglich.

Er kann sich beispielsweise nicht darauf berufen, er habe auf Weisung der Gesellschafter gehandelt. Auch Unkenntnis der Sach- oder Rechtslage schützt den Geschäftsführer grundsätzlich nicht von seiner persönlichen Haftung. So hatte sich im Jahr 2021 das Oberlandesgericht Düsseldorf mit der Haftung eines GmbH-Geschäftsführers zu befassen.

In jenem Fall hat ein neu bestellter Geschäftsführer vom bisherigen Geschäftsführer des Unternehmens, der auch noch Alleingesellschafter dieser GmbH war, über mehrere Monate hinweg keinen Einblick in die Buchhaltungsunterlagen erhalten. Der Geschäftsführer vertraute vielmehr auf die Angaben des Gesellschafters, dass die wirtschaftliche Situation des Unternehmens in Ordnung sei. Nach geraumer Zeit kündigte der Geschäftsführer seinen Geschäftsführervertrag und verließ die GmbH. Kurz darauf wurde über das Vermögen der GmbH ein Insolvenzverfahren eröffnet.

Der Insolvenzverwalter nahm den letzten Geschäftsführer in die Haftung. Zur Begründung führte der Insolvenzverwalter aus, dass dieser Geschäftsführer Zahlungen aus dem Vermögen der GmbH geleistet habe, als diese schon insolvenzreif war. Der Geschäftsführer berief sich darauf, dass er keine konkrete Kenntnis über die finanzielle und wirtschaftliche Situation der GmbH gehabt habe. Ihm seien Unterlagen vorenthalten worden. Dies konnte vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf aber nicht verfangen.

Vielmehr stellte das Oberlandesgericht Düsseldorf klar, dass ein GmbH-Geschäftsführer von den wirtschaftlichen Unterlagen Kenntnis haben müsse, er müsse auch in die entsprechenden Unterlagen Einsicht nehmen. Allein die Tatsache, dass ihm die Einsichtnahme verweigert worden sei, entbinde ihn nicht von der Haftung. Vielmehr sei es Aufgabe eines Geschäftsführers für eine Organisation zu sorgen, welche ihm die Wahrnehmung seiner Geschäftsführerpflichten ermögliche. Und wenn sich dann nach einer überschaubaren Einarbeitungszeit herausstelle, dass dies nicht möglich sei, weil ihm wichtige Unterlagen vorenthalten würden, müsse er unverzüglich sein Amt niederlegen.

Im Übrigen richtet sich der Pflichtenkreis eines GmbH-Geschäftsführers nicht nach dessen persönlichen Fähigkeiten oder Umständen. Ein GmbH-Geschäftsführer muss seine Aufgaben wie ein „ordentlicher und gewissenhafter“ Kaufmann erledigen. Er muss in der Lage sein, sämtliche gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben einzuhalten. Hierzu gehören auch das rechtzeitige Erkennen einer Insolvenzreife und die rechtzeitige Stellung eines Insolvenzantrages. Das ist der Maßstab für die erforderliche Sorgfalt des GmbH-Geschäftsführers (OLG Düsseldorf, 09.12.2021 – 12 U 23/21).

Rechtsanwalt Volker Nann

September 2022