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Strafrecht

Verhalten bei Durchsuchungen

Kommt es zu Durchsuchungen durch Polizei, Steuer- oder Zollfahndung und vielleicht die Staatsanwaltschaft, so sollten die folgenden Regeln beachtet werden:

1. Die Leitung des Unternehmens muss verständigt werden:

Das wird oft telefonisch geschehen müssen. Die Ermittlungspersonen müssen das erlauben, es sei denn, ein solcher telefonischer Kontakt würde den Erfolg der Durchsuchung konkret gefährden. Eine generelle Telefonsperre ist aber nicht zulässig.

Die Ermittlungspersonen sollten gebeten werden, auf das Erscheinen der Unternehmensleitung zu warten, damit diese Gelegenheit erhält, die gesuchten Gegenstände freiwillig herauszugeben.

2. Rechtsanwalt anrufen:

Wenn eine Ermittlungsperson dies wünscht, muss es ihr überlassen werden, den Kontakt zum Rechtsanwalt selbst herzustellen und dann das Telefon weiterzureichen. Bringen Sie die Bitte vor, mit dem Beginn der Durchsuchung bis zum Eintreffen des Rechtsanwalts zu warten.

3. Lassen Sie sich den Durchsuchungsbeschluss aushändigen:

Dies muss vor Beginn der Durchsuchung geschehen, zumindest in Fotokopie. Prüfen Sie, ob die Durchsuchung nach dem Wortlaut des Beschlusses erlaubt ist und auf welche Räume und welche gesuchten Gegenstände er sich bezieht.

Bei „Gefahr im Verzug“ ist eine richterliche Durchsuchung nicht erforderlich. Dann muss der Durchsuchungsleiter die Gründe und Ziele so mitteilen, dass deren Rechtmäßigkeit überprüft werden kann. Insbesondere gehört dazu, weshalb nicht zuvor ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss erwirkt werden konnte, „Gefahr im Verzug“.

Bestehen Sie auf eine Konkretisierung des Durchsuchungsbeschlusses oder der Anordnung soweit, dass jeweils eindeutig entschieden werden kann, ob etwas zu den gesuchten Beweismitteln oder zu den durchsuchenden Räumen gehört oder nicht.

4. Halten Sie die Namen und die Behörden der durchsuchenden Personen fest:

Die Übergabe von Visitenkarten wird in der Regel genügen. Wenn Sie es allerdings für möglich halten, dass sich dritte Personen, z. B. Medienvertreter, einschleichen, kann Anlass bestehen, auf dem Vorzeigen von Dienstausweisen zu bestehen.

5. Stellen Sie einen gesonderten Raum mit Fotokopierer zur Verfügung:

Das hilft bei Organisation und Kontrolle. Gegen Ende der Durchsuchung kann vielleicht das Fotokopieren organisiert werden.

6. Grundsatz: Keine Auskünfte zur Sache geben:

Die persönliche Vorstellung können die Ermittlungspersonen fordern. Eine Vernehmung zur Sache kann jedoch nur von einem anwesenden Richter oder Staatsanwalt durchgeführt werden. Dazu ist zunächst zu klären, ob man vom Richter oder Staatsanwalt als Beschuldigter oder als Zeuge vernommen werden soll. Als Beschuldigter muss man nie etwas sagen, als Zeuge dann nicht, wenn man ein Zeugnisverweigerungsrecht (z.B. als naher Angehöriger eines Beschuldigten) oder ein Auskunftsverweigerungsrecht (soweit man sich durch eine Aussage selbst belasten würde) besitzt. Da diese Rechte selbst kaum richtig eingeschätzt werden können, darf auch eine als Zeuge zu vernehmende Person darauf bestehen, einen Rechtsanwalt als Beistand hinzuzuziehen.

Damit ergibt sich als Regel: Keine Aussagen zur Sache während der Durchsuchungssituation, eine eventuelle Vernehmung kann warten.

7. Vernehmungen im Betrieb untersagen:

Das steht in engem Zusammenhang mit der vorherigen Regel: Sie müssen gegebenenfalls die Durchsuchung dulden, aber keine weiteren Störungen des Betriebsablaufes. Das Hausrecht ist nur durch die Durchsuchung selbst eingeschränkt.

8. Begleitung der Ermittlungspersonen durch Mitarbeiter oder den Rechtsanwalt:

Durchsuchungen sind nicht heimlich. Ermittlungspersonen sollten daraufhin kontrolliert werden, dass sie sich an die Grenzen des Durchsuchungsbeschlusses bzw. der Anordnung halten.

9. Keine Durchsicht von Papieren und Dateien durch Polizeibeamte:

Es sei denn, eine Anordnung des Richters oder Staatsanwalts erlaubt dies ausdrücklich.

10. Keine freiwillige Herausgabe von Gegenständen ohne Abstimmung mit dem Rechtsanwalt:

Die freiwillige Herausgabe ist genau in dem Umfang zweckmäßig, wie sie von dem Durchsuchungsbeschluss/der Anordnung abgedeckt ist, damit seitens der Ermittlungspersonen nichts gewaltsam geöffnet werden muss und damit nicht mehr ins Blickfeld der Ermittlungspersonen gerät, als sein muss.

11. Niemals Papier vernichten oder Daten löschen:

Das kann sonst den Verdacht der versuchten Strafvereitelung erwecken und es kann zu einem Haftbefehl wegen Verdunkelungsgefahr führen.

12. Auf Dokumentation der beschlagnahmten Gegenstände bestehen:

Die beschlagnahmten Gegenstände sind identifizierbar anzugeben.

13. Kopien der sichergestellten Gegenstände fordern:

Wenn nicht dem Durchsuchungsführer Kopien selbst genügen, benötigen Sie die Kopien zur Fortführung des Betriebs. Das muss ermöglicht werden.

14. Kein Einverständnis mit der Durchsuchung und Beschlagnahme erklären:

Diese Frage stellt sich bei der Anfertigung des Protokolls bei Beendigung der Durchsuchung.

15. Berater nicht von der Verschwiegenheitsverpflichtung entbinden

Dieser Beitrag wurde sorgfältig erstellt, dennoch kann eine Haftung für Fehler oder Auslassungen nicht übernommen werden. Es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit. Der Inhalt dieses Beitrages stellt keinesfalls anwaltlichen Rechtsrat dar und ersetzt auf keinen Fall eine auf den Einzelfall bezogene anwaltliche Beratung.

Rechtsanwalt
Dr. Wolfgang Klünder