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Familienrecht

Der Ehevertrag

Allgemeines zum Ehevertrag

Ein Ehevertrag wird typischerweise anlässlich der Heirat, während der Ehe bei bedeutenden Ereignissen mit wirtschaftlichen Auswirkungen für die Ehepartner und im Zusammenhang mit Trennung und bis spätestens zur Scheidung (Scheidungsfolgen-vereinbarung) geschlossen. Eheverträge bedürfen der notariellen Beurkundung. Wenn das Güterrecht oder der Versorgungsausgleich betroffen sind, dann sogar bei Anwesenheit beider Seiten.

Typische Inhalte betreffen das Ehegüterrecht (meist Modifizierung des Zugewinn-ausgleichs oder Gütertrennung), den Unterhalt (Trennungsunterhalt, Scheidungsunterhalt, Verteilung des Kindesunterhalts), den Versorgungsausgleich (Modifizierung oder Ausschluss mit Gegenleistung), aber auch das Erbrecht (Erbvertrag oder Erbverzicht).

Zugewinnausgleich

Wenn durch Ehevertrag nichts anderes vereinbart ist, leben Ehegatten (jedenfalls wenn sie bei Heirat Deutsche waren) im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Endet die Ehe durch den Tod eines Ehegatten, findet der Zugewinnausgleich statt entweder durch Erhöhung des Erbteils um ein Viertel der Erbschaft oder, wenn der Überlebende nicht Erbe wird (auch bei Ausschlagung) nach der Berechnung, wie sie auch bei Scheidung erfolgt (siehe nachfolgend).

Erfolgt der Zugewinnausgleich bei Beendigung des Güterstandes auf andere Weise als durch den Tod (zum Beispiel Scheidung, Vereinbarung der Gütertrennung), so werden die Vermögen jedes Ehegatten bei Heirat und bei Ende des Güterstandes miteinander verglichen. Der Unterschied zwischen Anfangsvermögen und Endvermögen eines Ehegatten ist dessen Zugewinn. Der Ehegatte mit dem höheren Zugewinn hat die Hälfte des Unterschiedsbetrags der beiden Zugewinne als Zugewinnausgleich zu bezahlen.

Scheidungsunterhalt

Er wird geschuldet, wenn bestimmte Umstände vorliegen, beispielsweise bei Betreuung eines Kindes, wegen altersbedingtem Fehlen von Einkünften, wegen krankheitsbedingtem Fehlen von Einkünften, wegen Erwerbslosigkeit, zur Erlangung einer Berufsausbildung und als Aufstockungsunterhalt, wenn die eigenen Einkünfte (zunächst) nicht den Ehestandard erreichen.

Im Ausgangspunkt beträgt der Scheidungsunterhalt den halben Unterschiedsbetrag der beiden Nettoeinkommen, von denen zuvor noch die Bedienung der ehelichen Schulden und des Kindesunterhaltes abgezogen wurden. Im neuen Unterhaltsrecht wurde die Verpflichtung des Unterhaltsberechtigten, selbst Erwerbseinkommen zu beziehen, verstärkt und der Unterhalt wird nach einiger Zeit auf den Ausgleich von Nachteilen, die der Ehegatte durch die Eheschließung erlitten hat, herabgesetzt und insgesamt zeitlich begrenzt.

Versorgungsausgleich

Es werden je Ehegatten, die während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwart-schaften (nur Renten, keine Kapitallebensversicherungen!) ermittelt und die Hälfte wird jeweils auf den anderen Ehegatten übertragen („Hin- und Herausgleich“). Nur wenn die Versorgungsanwartschaften beim selben Versorgungsträger bestehen, wird nur in einer Richtung die Hälfte der Differenz der während der Ehezeit erworbenen Anwartschaften übertragen.

Ehegattenerbrecht

Beim Zugewinnausgleich beträgt es ein Viertel neben Abkömmlingen des Verstorbenen, die Hälfte neben Eltern und deren Abkömmlingen sowie Großeltern, bei weiter entfernten Verwandten die ganze Erbschaft plus (soweit dafür noch Spielraum ist) das Viertel für den Zugewinnausgleich. Bei Gütertrennung verhält es sich wie beim Zugewinnausgleich (natürlich ohne das Viertel für den Zugewinnausgleich), aber neben ein oder zwei Kindern des Verstorbenen erbt der Ehegatte mit den Kindern zu gleichen Teilen.

Der Ehegatte hat ein Pflichtteilsrecht (Geldwert der Hälfte seines gesetzlichen Erbteils).

Das Ehegattenerbrecht ist ausgeschlossen, wenn die Scheidungsvoraussetzungen vorlagen und das Scheidungsverfahren mit Zustimmung des Verstorbenen am Laufen war. Ebenso verhält es sich bei einem einseitigen Testament des Verstorbenen zu Gunsten des überlebenden Ehegatten. Schwieriger ist die Lage bei gemeinschaftlichem Testament und bei einem Erbvertrag.

Beispiele von Eheverträgen

Junge Doppelverdienerehe mit Kinderwunsch: Die gesetzlichen Folgen der Scheidung werden soweit wie möglich ausgeschlossen, was aber nicht gelten soll, wenn ein gemeinsames Kind auf die Welt kommt.

Der begüterte Erbe: Ohne radikal Gütertrennung zu vereinbaren, kann die „Erbschaft“ aus dem Anfangs- und dem Endvermögen herausgerechnet werden.

Der verschuldete Ehepartner: Es geht nicht um die falsche Vorstellung, die Eheschließung führe zur Gesamthaftung auch des anderen Ehegatten. Vielmehr hat der besser gestellte Partner ein Interesse daran, beider Anfangsvermögen (auch die Schulden!) verbindlich festzuhalten, sowie daran, dass alles, was mit dem Geld des besser gestellten Ehegatten erworben wird, im Endvermögen auch diesem zugeordnet wird.

Einer ist Unternehmer: Zum Schutz des Unternehmens ist das Betriebsvermögen aus der Zugewinnausgleichsrechnung herauszunehmen. Zur Sicherung des anderen Ehegatten ist für dessen eigenes Einkommen zu sorgen, beispielsweise durch eine Beschäftigung im Unternehmen. Auch für dessen Alterssicherung ist zu sorgen. Dafür ist wiederum der Scheidungsunterhalt einzugrenzen.

Wiederverheiratung älterer Eheleute mit erwachsenen Kindern: Wenn beide materiell gesichert sind, dann ist meist die möglichst weitgehende Abbedingung der Scheidungs-folgen gewünscht. Das Wohnen des Überlebenden in der Ehewohnung sollte jedoch abgesichert werden.

Gemischtnationale Ehe in Deutschland: Gewünscht ist eine Anpassung an die deutschen Lebensumstände und die hiesige Rechtslage. Deshalb Rechtswahl des deutschen Ehegüterrechts, Wahl eines deutschen Güterstandes, eventuell Auseinandersetzung eines vorherigen Güterstandes und Fixierung des Anfangsvermögens im Falle der Wahl des Zugewinnausgleichs.

Richterliche Kontrolle von Eheverträgen

Die Gerichte prüfen einen Ehevertrag für zwei Zeitpunkte, nämlich für den Abschluss (Wirksamkeitskontrolle) und für den Zeitpunkt der Geltendmachung (zum Beispiel bei Scheidung) der darin enthaltenen Regelungen (Ausübungskontrolle).

Bei der Wirksamkeitskontrolle wird geprüft, ob der Ehevertrag insgesamt betrachtet gegen die guten Sitten verstößt, was zur Unwirksamkeit des gesamten Vertrages führen würde. Als sittenwidrig gilt die schwere einseitige Benachteiligung eines Ehegatten plus das Vorliegen zusätzlicher Umstände. Als solche zusätzlichen Umstände kommen typischerweise die Schädigung Dritter (Kinder, Verwandte, Sozialbehörden) oder eine erheblich ungleiche Verhandlungsposition (benachteiligter Ehegatte ist schwanger oder überforderter Ausländer) in Betracht.

Hat der Ehevertrag die Wirksamkeitskontrolle bestanden, setzt die Ausübungskontrolle ein. Hierbei wird die Frage gestellt, ob der Ehepartner, der sich auf den Vertrag beruft, damit gegen das Gebot von Treu und Glauben verstößt, weil sich die Umstände seit Vertragsschluss geändert haben. Gegebenenfalls ist die Folge aber nicht die Gesamt-unwirksamkeit des Vertrages, sondern dessen Anpassung, sodass die Regelungen aktuell ausgewogen werden, wobei der Benachteiligte nie mehr erhält, als was er ohne den Ehevertrag erhalten hätte, und nicht besser gestellt ist, als wenn er nicht geheiratet hätte.

Voraussetzung für ein Eingreifen der Ausübungskontrolle ist, dass sich die Grundlage des Ehevertrages geändert hat und dass zusätzlich erschwerende Umstände hinzukommen. Die Grundlage des Vertrages kann sich zum Beispiel durch die ungeplante Geburt eines Kindes oder durch eine sonstige abweichende Entwicklung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse ergeben. Zusätzliche erschwerende Umstände können Belastungen Dritter, berufliche Nachteile des (ohne Vertrag) berechtigten Ehepartners durch erbrachte Betreuungsleistungen oder ein grob ehewidriges Verhalten des (ohne Ehevertrag) verpflichteten Ehegatten sein.

Dieser Beitrag wurde sorgfältig erstellt, dennoch kann eine Haftung für Fehler oder Auslassungen nicht übernommen werden. Es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit. Der Inhalt dieses Beitrages stellt keinesfalls anwaltlichen Rechtsrat dar und ersetzt auf keinen Fall eine auf den Einzelfall bezogene anwaltliche Beratung.

Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Klünder